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CFO 2020: MEHR HIRN, WENIGER ELLENBOGEN

CFOs und ihre Mitarbeiter sollten die Wucht des Fortschritts nicht unterschätzen. Wer jetzt nicht automatisiert, wird abgehängt. Aber die Konsequenz für alle könnte ein Teufelskreis sein.

Mein Gott, wie die Zeit rennt. Die Frage, ob CFOs geeignete CEOs sein können, erscheint einem ja fast schon überholt. Jetzt ist das Thema Digitalisierung in aller Munde – inklusive der Folgen für CFOs und ihre Mitarbeiter. Doch bei aller Euphorie wird oft übersehen: Vor der Digitalisierung steht immer noch die Automatisierung, die unabdingbare Voraussetzung für jeden Schritt in Richtung Digitalisierung. Und bei den meisten Unternehmen ist die Automatisierung bei weitem noch nicht abgeschlossen.

Es gibt Bereiche, bei denen sich Automatisierung klar anbietet, beispielsweise im Forderungsmanagement und Mahnwesen („Accounts Receivables“). Dort könnte man am ehesten auf „human effort“ verzichten, solange die Faktura fehlerfrei läuft, was auch von automatisiersten „End-to-end“-Prozessen abhängig ist. Auch den Bestellbereich nebst Zahlung von Rechnungen („Accounts Payable“) kann man optimal automatisieren.

Beim Forecasting hilft Automatisierung den CFOs enorm

CFOs, die die Automatisierung ihrer Abteilung schleifen lassen – etwa weil die dafür nötige Technologie zur Zeit noch Schwächen hat oder zu teuer ist –, werden den Anschluss an die CFO-Benchmark verlieren. Schließlich gibt es kaum eine Abteilung, in der sich so viele wiederkehrende Prozesse für die digitalisierte Automatisierung anbieten wie im Finanzbereich – die beiden oben genannten Felder sind nicht mehr als ein Ausschnitt.

Auch im Kerngeschäft der Finanzabteilung – Planung und Forecasting – lässt sich das Leben mit Hilfe von Robotics und „Predictive-Analytics“-Tools einfacher gestalten. Für Finanzchefs brächten automatisierte Planungsprozesse auch den Vorteil, dass diese es den Geschäftsbereichen wesentlich schwerer machen würden, das beliebte „Sandbagging“ zu betreiben, also viel zu konservativ zu planen.

Aber auch dafür müssen die Basisprozesse bereits automatisiert sein, und machen wir uns nichts vor: Wir wissen alle, wie wichtig Excel immer noch ist (obwohl wir das nicht gerne zugeben). Und noch wichtiger: Ist es wirklich sicher, dass „Robots“ beim Forecasting in naher Zukunft eine bessere Beurteilungsfähigkeit erreichen als menschliche Mitarbeiter?

Wie Nike 1994 plötzlich Visibilität gewann

Zweifel daran sind erlaubt, aber ich warne davor, zu unterschätzen, wie schnell sich Technologie entwickeln kann, schließlich kann es für alle Szenarien theoretisch Algorithmen geben. Lassen Sie mich zur Begründung meiner Position etwas ausholen.

Als ich 1994 bei Nike Central Europe mein erstes CFO-Mandat bekam, war meine Hauptaufgabe, an einem Großprojekt mitzuwirken, dessen Ziel es war, die Datenqualität von Nike zu verbessern und global zu harmonisieren. Damals gab es keine Cloud, und wir hatten auch kein einheitliches ERP-System. Auf Basis einer Datenbank von Oracle haben wir dann ein weltweites Data Warehouse aufgebaut. Das war eine lange und nicht immer einfache Reise, aber nach 12 bis 18 Monaten landeten wir bei einem Wert von 80 Prozent zuverlässigen Daten.

Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, als ich die neuen Berichte meinen Kollegen im Top-Management präsentierte. Gewinn pro Artikel und Saison, grafisch abrufbar mit einem einzigen Klick. Oder Vergleiche, zu welchen Preisen wir unsere Produkte verkauften, und zu welchen die Konkurrenz. Das zeigte uns, ob wir tatsächlich am Markt Premiumpreise durchsetzen oder nur tolle Werbekampagnen schalten konnten – und das Land für Land. Da kam „competitive spirit“ hoch!

Nike konnte dank des Datenprojekts fortan auch erkennen, welche Waren die Stores am Ende verramschen mussten, um sie zu verkaufen – ein Beleg für schlechte Planung. Die globale Datenharmonisierung machte es uns leichter, der Vorstellung unserer Chefin in Oregon zu entsprechen, die schlicht sagte: „Brand Management ist einfach – create Demand and manage Supply!“ Vor zwanzig Jahren war das ein Triumph, heute lacht man über so etwas.

Die CFOs verlieren ihre Leute

Und der Trade-off von heute ist doch schlicht und einfach so: Die digitalisierte Automatisierung erhöht die Rendite auf die eingesetzte menschliche Energie, den „Return on Energy invested“, gewaltig. Wo CFOs früher Ellenbogen brauchten, um dem Unternehmen ihren Stempel aufzudrücken, wird in Zukunft die „Gehirnenergie“ entscheidend. Dann kann die CFO-Abteilung unverzichtbar werden. Aber sie wird deutlich weniger Leute haben.

Und genau das beunruhigt mich. Manchmal frage ich mich, wo wir am Ende des Tages landen. Bei der Abschaffung zahlloser Jobs – nicht nur im Finanzbereich, auch in vielen anderen Abteilungen? Klar kommen durch die Digitalisierung neue Jobs hinzu, aber es werden weitaus mehr Jobs wegfallen. Dann könnte uns eine ganz andere Arbeitslosigkeit drohen. Um die Folgen für die Gesellschaft zu dämpfen, müssten die Steuern erhöht werden. Die Unternehmen könnten dann all ihre frisch gewonnenen Effizienzgewinne direkt wieder verlieren – und würden mit noch härteren Kostensenkungen reagieren. Ein Teufelskreis.

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